DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Reiber, Julius (12.7.1883 Gießen - 21.9.1960 Darmstadt) war ein hessischer Politiker.

Nach seiner Ausbildung zum Lehrer trat er ab 1905 in Parteien ein, die sich dem Liberalismus verschrieben hatten. Als er mit Beginn des Ersten Weltkrieges zum Militärdienst eingezogen wurde, war seine Karriere im Bildungswesen vorerst beendet. Reiber schrieb in einer autobiographischen Notiz, daß er in der Zeit vom 22. Februar 1915 bis 9. August 1916 Soldat war. Seine Dienstzeit für das Militär bestand aus "...7 Monate Ypern, 4 Monate Verdun, 5 Monate Lazarett". Da er durch die Folgen des Krieges gesundheitlich so beeinträchtigt war, daß das Militär keine Verwendung mehr für ihn hatte, wurde er vorzeitig entlassen. Am 1. Juni 1919 wurde Julius Reiber von der französischen Besatzungsbehörde verhaftet und mehrere Tage lang vernommen - man warf ihm Beteiligung am rheinischen Separatistenputsch unter Dr. Dorten vor. Er wurde in diesem Zusammenhang aus Mainz ausgewiesen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildungswesen zu. In Darmstadt war er 1920 kurz in der Verwaltung tätig, zwei Jahre später wurde er zum Direktor der  Ballonschule (Gymnasium) in Darmstadt ernannt.1930 war er Mitherausgeber einer "Festschrift zur Rheinlandbefreiung". Als sich im selben Jahr die 1918 gegründete Demokratische Partei in Deutsche Staatspartei umbenannte und im Zuge dieser formalen und inhaltlichen Veränderungen Verbindungen zum antisemitischen Jungdeutschenorden bekannt wurden, trat er aus der Partei aus. Relativ erfolglos gründete er die Radikal-Demokratische Partei.

Schon im November 1931 verlor er sein Mandat im Hessischen Landtag, dem er seit 1919 angehört hatte.1933 wurde er infolge der Machtergreifung der deutschen Faschisten wegen "politischer Unzuverlässigkeit" als Beamter aus dem Staatsdienst entfernt. Während der Nazizeit übte er verschiedene Tätigkeiten aus, zuletzt als Gehilfe in einer Darmstädter Buchhandlung.

In der Darmstädter Brandnacht vom 10./11. September 1944 wurde sein Haus in der Teichhausstraße 41 samt seiner ca. 7.000 bändigen Bibliothek zerstört. In den letzten Kriegsmonaten erfuhr er, dass sein Sohn Kurt, der in Ostpreußen seinen Militärdienst leistete, als vermisst galt. Er sah ihn nie wieder.1945 trat Julius Reiber in die SPD ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er am 26. März 1945  zum kommissarischen Bürgermeister unter Oberbürgermeister Ludwig Metzger ernannt. Als gewählter Bürgermeister seit 25. Juli 1946 war er maßgeblich am Aufbau des Bildungswesens und des kulturellen Lebens in Darmstadt beteiligt. Am 18. Januar 1947 war er Mitbegründer der Ortsgruppe Darmstadt der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) im Gasthaus "Lehmann" Lagerhausstraße 32 (Eckhaus der heutigen Julius-Reiber-Straße/Kasinostraße).  Das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland wurde ihm 1954 verliehen, die Silberne Verdienstplakette der Stadt Darmstadt erhielt er 1958.

Wenige Wochen nach seinem Tode am 21. September 1960 wurde die Lagerhausstraße in Julius-Reiber-Straße umbenannt. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in Darmstadt.

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